Organik ist kein wissenschaftlich determinierter Begriff, deshalb wird er auch in unterschiedlichsten Zusammenh√§ngen verwendet. In der Architekturkritik der 20er Jahre beschreibt er z.B. die funktionelle Anordnung der R√§ume, die kubistischen Formvorstellungen folgen konnten.
Im Bereich der plastischen Gestaltung von bildender und angewandter Kunst wird er dagegen weitgehend einheitlich gebraucht und bezeichnet die Eingebundenheit der Teile in ein übergeordnetes Ganzes, mit ihren jeweiligen Wechselbeziehungen des Zusammenwirkens und des Einander-Ergänzens. In formaler Hinsicht wird dies durch fließende Übergänge, Verschleifungen, das Ineinanderverschmolzensein und eine Gestaltung in gerundeten Formen hervorgehoben, um zu zeigen, daß wie bei einer Pflanze oder einem Tier die Daseinsfunktion eines Organs nicht in sich selbst ruht, sondern in dessen Aufgehen, dessen Einfließen in den Gesamtorganismus.
Eine organische Formensprache ist spätestens seit dem ‘Jugendstil’ bekannt. Die Abstraktion von Naturphänomenen, so wie sie der wohl einflußreichste Theoretiker des ‘Jugendstils’, Henry van de Velde, vornahm, führte durch die dynamische Gestaltauffassung zur Entwicklung der organischen, expressionistischen Architektur z.B. Erich Mendelsohns oder Rudolf Steiners und des internationalen Stromlinienstils.
Populär wurde der Begriff ‘Organik’ durch einen 1940 eröffneten Design-Wettbewerb und die gleichnamige Ausstellung der preisgekrönten Entwürfe 1941 im Museum of Modern Art, New York, ‘Organic Design in Home Furnishings’ oder durch Funktionalismusdebatten, die durch Aufsätze wie ‘Geometrie und Organik’ von dem Architekten Hugo Häring 1951 initiiert wurden.
Die ‘Bauhaus’-Kritik, die Wiederentdeckung des ‘Jugendstils’ und die Aufbruchstimmung der Nachkriegszeit führten zu einer einheitlichen Formensprache in großen Bereichen von Malerei, Plastik, Architektur und Design der 50er Jahre, so daß aufgrund des geschlossenen Erscheinungsbildes von Stil gesprochen werden kann.
Schließlich nahm die organische Gestaltung durch die wachsende Bedeutung von Ergonomie und Aerodynamik seit den 70er Jahren erneut Einfluß auf die industrielle Formgebung. PD